Es ist wunderbar, wenn ein Buch endlich fertig ist…
Und es ist erschreckend, wenn man ein Neues anfängt. Nicht die Themensuche: Ich glaube, da gehen mir die Ideen ein Leben lang nicht aus. Es gibt so viele Geschichten, die ich erzählen möchte! Auch nicht die Recherche: die macht Spaß und hinter jeder Ecke warten neue Fakten die der Handlung eine neue Wendung geben.
Nein: Es sind immer die ersten Seiten, die ich schrecklich finde. Wenn ich die ersten sechs Seiten fertig geschrieben habe – und ich genau weiß: Es fehlen noch 394. Oder so. Zum Glück habe ich da inzwischen einen ganz einfachen Trick: Ich schreibe einfach weiter, freue mich über die ersten Kapitel und denke nicht an die Strecke, die vor mir liegt. Ein Marathonläufer denkt ganz bestimmt beim Start auch nicht an die 42 Kilometer, die vor ihm liegen. Oder doch?
Mein neues Buch wird „Rosmarintraum“ heissen. Es spielt dieses Mal in Eichstätt. Eine junge Journalistin wird zu dem Fundort von zwei Skeletten gerufen- und ab diesem Augenblick von Albträumen gequält. Offensichtlich haben die beiden irgendwie etwas mit ihr zu tun. Was genau, dafür sind die nächsten 300 Seiten nötig…und irgendwann im Oktober sind die dann auch fertig. Ganz bestimmt. Für alle, die neugierig sind, habe ich hier aber schon das erste Kapitel. Da hat noch kein Lektor und auch kein Korrektor darüber gelesen – ist also wirklich mehr ein Werkstattbericht. Das erste Kapitel schreibe ich auch häufig am Schluss noch um… Aber jetzt bin ich erst einmal gespannt, wie es euch gefällt!
Rosmarintraum
Von Katrin Tempel
1.
Sie umarmten sich zärtlich. Seine Hand lag auf ihrer Hüfte, die Gesichter waren nur wenige Zentimeter voneinander entfernt. Die Hände waren ineinander verschränkt. Das Paar lag in einer flachen Grube in einem lichten Waldstück, weit entfernt vom nächsten Weg. Sie konnten sich ungestört in die Augen blicken und ihre Zweisamkeit genießen.
Wenn sie noch Augen hätten. Leere Höhlen, weiße Knochen, die Zähne zu einem ewigen Grinsen verdammt.
Anne spürte, wie ihr eine Gänsehaut den Rücken emporkroch. Sie kam sich wie ein ungebetener Gast vor, Augenzeuge eines innigen Moments, der eigentlich nur den beiden Toten gehörte. Zum Glück war sie nicht alleine auf dieser Waldlichtung. Ein Mediziner im Schutzanzug beugte sich kopfschüttelnd über die bleichen Knochen in der flachen Grube.
„Kein Fall für die Polizei, wenn ich das richtig sehe. Die sind schon so lange tot, dass die Täter garantiert auch das Zeitliche gesegnet haben. Und seine Kinder und Kindeskinder auch.“ Er lachte auf und nickte in Richtung der zwei Männer, die einige Meter entfernt standen. „Auf jeden Fall haben sie unseren Schatzsuchern einen gründlichen Schrecken eingejagt. Kommt ja nicht so oft vor, dass man alte römische Münzen oder Schmuck aus dem Mittelalter sucht und dann über zwei echte Leichen stolpert.“
„Werden die oft fündig? So ein Metalldetektor kostet doch sicher eine Stange Geld.“ Anne konnte sich nicht vorstellen, warum man als erwachsener Mann an einem wunderbaren Sommertag mit so einem Detektor durch den Wald rannte.
„Hier in der Gegend finden die jeden Tag etwas. Geben es natürlich nicht ab, sondern behalten ihr ‚Schätze’ für sich. Eichstätt war schon immer besiedelt, hier haben sich die Menschen schon seit der Keltenzeit wohlgefühlt – da ist natürlich so einiges liegengeblieben.“ Der Polizist, der neben Anne stand runzelte die Stirn. „Wahrscheinlich sollte ich mir besser diese beiden Männer und ihre illegalen Funde vorknöpfen. Da kann ich wenigstens so etwas wie ein richtiges Vergehen aufklären und nicht nur ein paar Knochen beim Vermodern zusehen.“
Er klopfte sich seine Uniformjacke ab und wandte sich zum gehen. „Halt!“ rief Anne. „Können Sie mir wenigstens noch sagen, was mit den beiden hier jetzt passiert?“
„Ist mir egal“, erklärte der Polizist mürrisch und stapfte durch das hohe Gras zu den beiden Schatzsuchern hin. Offensichtlich hatte er wirklich beschlossen, dass sie die lohnenden Opfer seiner Arbeit waren.
„Ich rufe jetzt die Archäologen“, erklärte der Gerichtsmediziner, der inzwischen aus der Grube gestiegen war. „Die können dann genauer ihr Alter bestimmen und rauskriegen aus welchem Jahrhundert sie wirklich stammen. Und ich kann einen Bericht schreiben, in dem ich erkläre, warum hier kein Fahndungsbedarf besteht.“
„Und dann?“ Anne sah ihn neugierig an. Irgendwo musste es doch noch eine Geschichte hinter den beiden Toten geben.
Der Mediziner holte eine Kamera aus seiner Tasche und lichtete die beiden Toten aus allen erdenklichen Blickwinkeln ab. Während er seine Arbeit verrichtete, zuckte er mit den Achseln. „Das entscheiden die Historiker. Die schauen, ob sich das Weitergraben hier in dieser Grube noch lohnt, ob das ein bedeutender Fund ist. Nach meiner Erfahrung ist das aber eher nicht der Fall. Dann werden sie in eine Kiste gesteckt und in ein Regal gesteckt. Wahrscheinlich können die beiden froh sein, dass sie das nicht mehr mitkriegen…“
Anne sah wieder in die Grube und wieder rührte sie der Anblick des Paares merkwürdig an. „Bleiben sie dann wenigstens zusammen?“
Er lachte erneut auf, schüttelte seinen Kopf, schulterte seine Tasche und machte sich auf den Weg zu seinem Auto, das er ganz in der Nähe auf einem Waldweg geparkt hatte. „Du bist sentimental, Mädchen. Wenn sie so lange tot sind, wie ich denke, dann wären sie glücklich, wenn sie in geweihter Erde begraben werden. Vor ein paar hundert Jahren war das den Leuten mal wirklich wichtig. Die hatten Angst, dass sie sonst als Wiedergänger über den Erdboden geistern. Oder dass sie für ewig im Fegefeuer schmoren. Beides keine schönen Aussichten, erst recht nicht für mittelalterliche Gemüter.“
„Wie lange geben Sie Ihnen denn? Sind die wirklich aus dem Mittelalter?“
„Keine Ahnung, ob sie wirklich so alt sind. Ich bin da kein Fachmann. Aber es sind mindestens 100 Jahre. Ziemlich sicher mehr, das können auch 300 oder 400 Jahre sein. Wenn du mehr wissen willst, dann kannst du in den nächsten Tagen bei den Historikern anrufen.“ Er musterte sie genauer. „Du bist doch die Volontärin beim Kurier, oder?“
Anne lächelte. „Seit dem 1.Mai nicht mehr. Ich bin Redakteurin in der Lokalredaktion.“ Sie zückte ihre neu gedruckte Visitenkarte und überreichte sie voller Stolz.
Der Mediziner sah sich die Karte an. „Anne Thalmeyer. Dann gratuliere ich mal zu dem neuen Job. Wir werden uns sicher öfter sehen.“ Er steckte die Karte achtlos in seine Hosentasche und winkte zum Abschied.
Anne sah ihm hinterher. Seine Glückwunsche klangen nicht ganz echt in ihren Ohren. Hielt er die Stelle beim Donaukurier womöglich für keine gute Sache? Immerhin hatte sie mit ihren erst 24 Jahren einen tariflich dotierten Vertrag ergattert. Das konnten nur wenige ihrer Mitstudenten von sich behaupten. Erst in diesem Augenblick fiel ihr auf, dass sie zum ersten Mal an diesem Nachmittag alleine an der Grube mit den beiden Skeletten stand. Keiner kümmerte sich mehr um die Knochen.
Sie trat nahe an den Rand und spähte noch einmal hinunter. Täuschte sie sich oder war in der einen knöchernen Hand ein Gegenstand? Sie griff nach ihrem Handy und zoomte die Hand mit der Kamera heran. Vielleicht konnte sie ja später auf dem Bildschirm ausmachen, was das war. Sie drückte noch einige Mal auf den Auslöser. Es waren nur Knochen und trotzdem konnte sie sich des Gefühls nicht erwehren, dass sie Zeugin eines ganz besonderen Moments war. Fast schien es ihr, als wollten die Knochen zu ihr sprechen.
Suchend sah sie sich nach dem Polizisten um. Aber der sprach jetzt aufgeregt mit den Schatzsuchern, die am späten Vormittag bei ihrer Suche nach Münzen die beiden Toten gefunden hatten und einen Mord bei der Polizei gemeldet hatten. Offensichtlich hatten die schweren Gewitter der letzten Tage die Knochen vom Erdreich freigespült. So reimte sie sich das zumindest aus den knappen Aussagen der Männer zusammen.
Die Sonne sank tiefer zwischen den Bäumen. Es wurde Zeit, in die Redaktion zurück zu kehren. Der zufällige Fund der Skelette war dem Chef der Lokalredaktion sicher eine längere Geschichte wert. So viel passierte in Eichstätt an einem durchschnittlichen Dienstag wie diesem schließlich nicht. Widerwillig machte sie sich auf den Weg. Zu gerne hätte sie noch zugesehen, was ein Archäologe mit den beiden Skeletten anstellte. Wurden sie einfach für ihren letzten Transport in das Archiv eingepackt? Oder passierte hier noch etwas vor Ort?
Sie nahm ihre Tasche und ging mühsam durch das unwegsame Gelände zurück zu ihrem Auto.
Ihre Gedanken eilten voraus, sie überlegte schon, wie sie den Artikel anfangen könnte. Vielleicht mit einem Zitat des Mediziners? Oder doch lieber mit einer Beschreibung, wie die beiden Toten gefunden waren? Anne liebte ihren Beruf. Schreiben, das war ihre Begabung, das hatte sie seit den ersten Artikeln, die sie für die Schülerzeitung verfasst hatte, gewusst. Die Welt als Reporterin zu bereisen, eine Sonnenbrille im Haar und den wildesten Geschichten auf der Spur – so hatte sie selber ihre Zukunft in der Abiturzeitung beschrieben. Diese Stelle beim Kurier war nur der erste Schritt in die richtige Richtung. Da war sie sich absolut sicher.
Sie setzte sich an das Steuer des klapprigen Golf, der in der Redaktion als Dienstfahrzeug für Redakteure diente – und das schon einige Jahre, wenn nicht gar Jahrzehnte. Ihr waren seine Rostlöcher egal. Er brachte sie überall hin – was ihr mit dem eigenen Fahrrad schwergefallen wäre.
Sie legte den Rückwärtsgang ein und fuhr schwungvoll auf dem Waldweg rückwärts, als ihr ein anderes Auto entgegenkam. Nur Zentimeter voneinander entfernt kamen die beiden Fahrzeuge zum stehen. Anne forderte wild gestikulierend den anderen zum Rückwärtsfahren auf, aber der reagierte nicht.
Entnervt sprang sie aus dem Auto. „Können oder wollen Sie nicht rückwärtsfahren? Ich habe zu arbeiten.“
Der Fahrer sah sie aus freundlichen grauen Augen überrascht an. „Ich auch. Und ich muss da schnell hin, bevor es dunkel wird. Die Ausweichstelle ist doch nur ein paar Meter hinter ihrem Auto, das geht doch viel schneller, als wenn ich durch den halben Wald rückwärts bis zur Straße fahre. Meinen Sie nicht?“
Seine Freundlichkeit nahm Anne den Wind aus den Segeln. „Ich…“ begann sie, dann winkte sie ab. „Wollen Sie zu den beiden Skeletten?“ fragte sie statt dessen neugierig.
Der Mann nickte nur. „Ja. Und wie gesagt: Es ist eilig. Wenn die Knochen vor der Nacht nicht geschützt werden, dann wird die Grabungsstelle womöglich verwüstet.“
„Wer würde so etwas denn machen?“ Jetzt war sie wirklich überrascht.
„Tiere.“ Seine Stimme wurde ungeduldig. „Wenn Sie also jetzt endlich die Güte hätten, mir auszuweichen?“
Verlegen zückte Anne zum zweiten Mal an diesem Tag ihre Visitenkarten. „Ich bin beim Donaukurier und soll über diesen Fund schreiben…“
Er nahm die Karte ohne einen Blick darauf zu werfen. „Ja, schön. Dürfte ich jetzt bitte…?“ Er deutete viel sagend auf den vor ihm liegenden Weg.
Anne sprang ins Auto, legte den Rückwärtsgang ein und holperte jetzt auch noch rückwärts über den engen Waldweg. Es dauerte doch ein Weilchen, bis sie einen Platz zum Ausweichen fand und der Historiker an ihr vorbeifahren konnte. Erst jetzt fiel ihr auf, dass sie ihn gar nicht nach seinem Namen gefragt hatte. Ein Fehler, aber wahrscheinlich was das auch nicht so wichtig. Wen interessierte schon, welcher Archäologe sich jetzt mit den Knochen beschäftigte?
So schnell es ging, machte sie sich zum zweiten Mal auf den Weg. Es wurde Zeit, dass sie ihren Artikel schrieb.
Hallo Frau Tempel,
mein Mann machte mich auf einen Beitrag im RNF Fernsehen gestern über QUIETA Kaffee aufmerksam und so kam ich über einige Umwege auf Ihre Seite. Ich muss gestehen, dass ich Ihre Bücher noch nicht kenne, aber ich habe gerade in den Auszug aus Rosmarintraum hinein gelesen und bin echt gespannt, wie es weitergeht. Ich wurde so richtig in das Geschehen hinein gebeamt, obwohl es nur der Anfang ist.
Wann gibt es das Buch denn zu kaufen?
Noch eine Frage, im Beitrag im RNF war der Quieta grün Landkaffee zu sehen, können Sie mir sagen, wo man diesen noch käuflich erwerben kann.
Vielen Dank im voraus und viele Grüße aus Mannheim.
Mit Vorfreude auf das Buch Rosmarintraum
Ulrike Neider-Grünewald
Lieber Frau Neider-Grünewald,
sie ahnen nicht, wie sehr es mich beruhigt, dass Ihnen der Auftakt zu meinem neuen Buch gefällt. Wann immer ich ein Buch schreibe, kann ich mir nicht vorstellen, dass sich irgendjemand (außer mir selbst) dafür interessiert. Merkwürdigerweise wird das auch bei über zwanzig Büchern nicht besser… Also: Vielen Dank!!! Der Rosmarintraum wird im März 2016 erscheinen, im Augenblick schreibe ich die letzten Seiten. Am 1. Oktober ist dann die Deadline für die Abgabe…
Den Quieta-Kaffee habe ich bei „schlemmershop-24.de“ bestellt. Wobei zum Originalrezept die gerösteten Feigen fehlen (und er so wahrscheinlich nicht so süß ist, wie er wohl damals war).
Herzliche Grüße, Katrin Tempel